Das Hautmikrobiom spielt eine wichtige Rolle im Hinblick auf Gesundheit und Krankheit. Forscher haben nun nachgewiesen, dass uns bestimmte Hautbakterien gezielt vor der ultravioletten (UV) Strahlung der Sonne schützen können, indem sie cis-Urocaninsäure mit Hilfe eines Enzyms namens Urocanase verstoffwechseln. Dadurch kann die Haut ihre Reaktion auf UV-Strahlung feinabstimmen. Die Ergebnisse der Studie, die im Journal of Investigative Dermatology von Elsevier veröffentlicht wurden, liefern eine eindrucksvolle Fallstudie, die die Fähigkeit des Hautmikrobioms zur Umgestaltung der Immunfunktionen des Wirtsorganismus belegt.
Faszinierende Wechselwirkung zwischen Sonnenschutzmitteln, cis-Urocaninsäure und Hautmikrobiom
Die Haut beherbergt ein riesiges Ökosystem aus Millionen von Mikroorganismen, darunter Bakterien, Pilze und Viren. Die Zusammensetzung des Hautmikrobioms ist einzigartig, komplex und variiert stark je nach anatomischer Lage. Kommensale Mikroben, auch als normale Mikrobiota oder indigene Mikrobiota bezeichnet, leben in einer nützlichen oder neutralen Beziehung, ohne Schaden anzurichten. Sie passen ihren Stoffwechsel an die in ihrer Mikroumgebung verfügbaren Ressourcen an, ernähren sich von den Nährstoffen unserer Haut und produzieren verschiedene Moleküle, die ihre Umgebung beeinflussen und mit unseren Hautzellen interagieren.
Der leitende Forscher VijayKumar Patra, PhD, Centre International de Recherche en Infectiologie, Lyon, Frankreich, und Forschungsabteilung für Photodermatologie, Medizinische Universität Graz, Österreich, erklärt: „Bis heute wurden viele interne und externe Faktoren identifiziert, die die Zusammensetzung des Hautmikrobioms beeinflussen. Dazu gehören verschiedene individuelle Parameter wie Rasse, Geschlecht, Alter, Hormonspiegel, Ernährung und Hygiene, aber auch Umweltfaktoren und die Auswirkungen von Beruf, Umweltverschmutzung und Klima spielen eine wichtige Rolle. Wir wissen seit langem, dass UV-Strahlung die Immunreaktionen gegen Umweltantigene auf der Hautoberfläche moduliert, und seit kurzem auch, dass das Hautmikrobiom eine Rolle bei der Regulierung dieser Reaktionen spielt. Was uns faszinierte, war die Vorstellung, dass bestimmte Mikroben aktiv an UV-Effekten beteiligt sein oder diese sogar beeinflussen könnten. Die Überschneidung zwischen mikrobiellem Stoffwechsel und Wirtsimmunität wurde zum Schwerpunkt unserer Untersuchung.“
Die Forscher verwendeten eine Kombination aus Mikrobiomsequenzierung, immunologischen Assays, In-vitro-Kulturen und gnotobiotischen Mausmodellen, in denen alle vorhandenen Mikroorganismen definiert sind, um zu untersuchen, wie Hautbakterien auf UVB-Strahlung reagieren, die typischerweise Sonnenbrand verursacht. Sie entdeckten, dass bestimmte Hautbakterien cis-Urocaninsäure, ein Photoprodukt eines wichtigen UV-absorbierenden Chromophors der Hornschicht, Trans-Urocaninsäure, mithilfe eines Enzyms namens Urocanase spezifisch verstoffwechseln. Im Vergleich zu Trans-Urocaninsäure verfügt cis-Urocaninsäure über starke immunmodulatorische Eigenschaften. Dieser mikrobielle Stoffwechsel schränkt dann die Fähigkeit von cis-Urocaninsäure ein, Immunreaktionen zu hemmen, was bedeutet, dass Hautbakterien die Reaktion unserer Haut auf UV-Strahlung feinabstimmen. Die Forscher weisen auf die faszinierende Wechselwirkung zwischen Sonnenschutzmitteln, cis-Urocaninsäure und dem Mikrobiom hin, die in und auf der Hornschicht, der oberflächlichsten Hautschicht, miteinander konkurrieren.
Vielversprechende Ansätze für Therapie und Prävention
Der Mitforscher Marc Vocanson, PhD, Centre International de Recherche en Infectiologie, Lyon, Frankreich, merkt an, dass dies das erste Mal sei, dass die Wissenschaftler einen direkten metabolischen Zusammenhang zwischen UV-Strahlung, einem vom Wirt stammenden Molekül und dem Verhalten von Bakterien, das die Immunfunktion beeinflusst, nachweisen konnten. Angesichts des wachsenden Interesses an der Mikrobiomforschung und der personalisierten Medizin könnte das Verständnis dieser Wechselwirkungen zwischen Mikroben und Wirten unsere Sichtweise auf Sonnenschutz, Immunerkrankungen, Hautkrebs oder sogar Behandlungen wie die Phototherapie grundlegend verändern.
Diese Ergebnisse eröffnen laut Mitautor Peter Wolf, MD, Forschungsabteilung für Photodermatologie, Medizinische Universität Graz, neue Möglichkeiten für einen mikrobiomorientierten Sonnenschutz, bei dem nicht nur die Haut vor UV-Strahlung geschützt wird, sondern auch berücksichtigt wird, wie residente Mikroben die Immunlandschaft nach der Exposition verändern können. In Zukunft könnten topische Behandlungen, die den mikrobiellen Stoffwechsel modulieren, eingesetzt werden, um die UV-induzierte Immunsuppression zu minimieren, aufrechtzuerhalten oder zu verstärken, wenn dies klinisch vorteilhaft ist, beispielsweise bei der Phototherapie. Die neu entdeckte Rolle des mikrobiellen Stoffwechsels bei der Modulation der UV-Toleranz verändert laut der renommierten Expertin Dr. med. Anna Di Nardo, PhD, von der Universität von Kalifornien, San Diego, und dem Dermatologischen Institut San Gallicano IRCCS, Rom, unser Verständnis der Hautbarriere – nicht nur als strukturelles Schutzschild, sondern als metabolisch aktive, mikrobiell regulierte Schnittstelle. Angesichts der zunehmenden Besorgnis über UV-Exposition, Hautalterung und Krebs bietet ein tieferes Verständnis dieser Achse vielversprechende Ansätze für Therapie und Prävention.